Rückschau: Online-Tagung "(Deutsch-)Rap und Gewalt - Ambivalenzen und Brüche"

Die Online-Tagung "(Deutsch-)Rap und Gewalt" am 22. & 23. April 2021 beschäftigte sich mit der aktuellen Rapforschung und bot Gelegenheit zum digitalen Diskutieren, Austauschen und Netzwerken.

 

Zwei Keynotes, acht Panels, eine Postersession, eine Podiumsdiskussion, 300 Teilnehmende - die Online-Tagung "(Deutsch-)Rap und Gewalt" am 22. und 23. April 2021 widmete sich an zwei Tagen der aktuellen Rapforschung und nahm dabei vor allem das Gewaltmotiv in der Rapszene in den Blick.

Dr. Martin Seeliger (Universität Hamburg) fokussierte sich in seiner Keynote am ersten Konferenztag dabei auf "Gangstarap als Ausdruck sozialer Konflikte". Die im deutschen Gangstarap verbreiteten Erzählungen "migrantischer Aufsteigermännlichkeiten" deutete er dabei als Prekarisierungskritik einer postmigrantischen Gesellschaft.

Dr. Sina Nitzsche (Fachhochschule Dortmund) thematisierte in ihrer Keynote am Freitag eine andere Sichtweise von Gewalt: Kolonialismus. Am Beispiel des Albums Platz an der Sonne von BSMG dekonstruierte Sina Nitzsche weiß-deutsche Machtkulturen im Rap aber auch in der Gesamtgesellschaft. So eigne sich auch das Medium Rap als Mittel, Wissenstraditionen einer weißen Dominanzkultur zu irritieren und zu durchbrechen.

In Parallelpanels zu den vier Themenschwerpunkten - "Antisemitismus/Rassismus/Rechtsextremismus", "Sexualität (Sex & Gender), "Aspekte sprachlicher und medialer Inszenierung" und "Gewalt in Rap-Subgenres" - präsentierten die Referent*innen einzelne Forschungsaspekte und luden die Tagungsteilnehmenden zu einer regen Diskussion darüber ein. Hegemoniale Männlichkeiten ("der Pimp, der Hustler") spielten dabei ebenso eine Rolle wie weibliche Empowermentstrategien u.ä. und auch die methodische Vielfalt der einzelnen Projekte wurde deutlich.

Die Rapperin und Aktivistin Sookee bot mit ihrem Workshop am Freitagmorgen zum Thema "Kunstfreiheit um jeden Preis - aber auf wessen Kosten?" den Teilnehmenden die Möglichkeit, über Grenzen und Verantwortung des Rap zu debattieren und dabei auch den Blick auf die Praxis nicht zu vergessen.

Im Rahmen der Podiumsdiskussion am Donnerstagabend "Partizipation - Emanzipation - Distinktion: Wie wach ist HipHop?" konstatierte Rapperin Sookee "Sexismus ist keine Party" und appellierte dabei auch an die Jugendarbeit und politische Bildung, die Jugendlichen wertevermittelnd, rapkundig und auf Augenhöhe begegnen müsse. Auf dem Podium außerdem vertreten war Christoph Hagel, Dirigent, Regisseur und Erfinder neuer Kulturformate des Cross Over, der u.a. in seiner Inszenierung "Flying Bach" (eine Kombination aus HipHop-Elementen und Klassik) vor allem eine Chance des gegenseitigen Austauschs und Lernens sieht. Gerburg Maria Müller, Verantwortliche an der Gmünder VHS für Jugenarbeit in Aalen und ebenfalls Diskutantin auf dem virtuellen Podium, pflichtete dabei auch Sookee bei, indem Sie betonte, man könne den Musikgeschmack der Jugendlichen nicht einfach "blockieren", sondern müsse sich auch in der Jugendarbeit darauf einlassen und beispielsweise Raplyrics gemeinsam anschauen und analysieren. Marius Stark, Studierender der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch Gmünd, brachte insbesondere seine Erfahrung als Rezpient von Rapmusik und zudem eine "studentische Perspektive" in die Diskussion mit ein.

Insgesamt bot die Online-Tagung den noch jungen HipHop Studies und der aktuellen Rapforschung eine Plattform zum Austausch, die auf großes Interesse stieß.

Ein Sammelband zum Tagungsthema ist derzeit in Bearbeitung. Näheres erfahren Sie auf der Tagungswebseite.

Lesen Sie hier auch einen Tagungsrückblick von Miriam Zeilinger (Pädagogische Hochschule Schwäbisch Gmünd).

 

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